„Verbotspolitik schadet Klimaschutz“

Was bringen Deutschlands Klimaschutz-Maßnahmen dem Klima eigentlich wirklich?

BILD, 1. August 2023, Nr. 177, S. 2.

Was bringen die Klimaschutz-Maßnahmen Deutschlands dem Klima wirklich?

Kritik der deutschen Transformation sowie Warnungen vor Inflation und Rezession – Ökonomie-Professor Hans-Werner Sinn besetzt im Alter von 75 Jahren immer noch die wichtigsten Themen der Wirtschaftspolitik und dabei hat das Wort des emeritierten Präsidenten des Ifo-Instituts weiterhin Gewicht.

In BILD erklärt er, wieso Klimaschutz im Alleingang sogar schädlich ist:

„Die Frage ist, ob die angewendeten Klimaschutz-Maßnahmen in der Lage sind, das gewünschte Ziel zu erreichen. Leider haben sich beim Pariser Abkommen nur wenige Länder zu konkreten Beschränkungen verpflichtet. Der CO2-Ausstoß kann aber bei Öl, Kohle etc. nur reduziert werden, wenn alle oder fast alle mitmachen, denn was wir nicht verbrauchen, verbrauchen sonst andere.“

„Öl landet auf den Weltmärkten und wird an die Meistbietenden verkauft und von ihnen verbrannt. Wenn wir Öl nicht mehr kaufen, fällt der Weltmarktpreis, und andere kaufen es. Die OPEC reagiert nämlich nicht auf Preissenkungen mit Mengeneinschränkungen, wenn nur einige Länder ihren Verbrauch verringern. Das haben die letzten 40 Jahre eindeutig gezeigt. Erst in der Corona-Pandemie, als alle weniger kauften, wurde die Ölproduktion gedrosselt.“

„Diese Maßnahmen sind unnütz. Sie ruinieren unsere Automobilindustrie, senken unseren Lebensstandard und subventionieren andere Länder, allen voran China. China hat in den letzten zehn Jahren nicht nur immer mehr Kohle verbrannt, es hat den Mineralölverbrauch noch viel schneller gesteigert.“

„E-Autos sind keine Lösung! Der schmutzige Auspuff liegt nur etwas weiter entfernt im Kohlekraftwerk. Da der grüne Flatterstrom es vorläufig nicht schafft und die Atomkraftwerke abgestellt sind, bedeuten mehr E-Autos mehr Braunkohleförderung und befördern Kohlenstoff in die Luft, der eigentlich versiegelt werden sollte. Das Verbrennerverbot hingegen führt wegen der Umlenkung der Tanker in andere Länder nicht dazu, dass weniger Kohlenstoff emittiert wird. Per saldo beschleunigt sich also der Klimawandel wegen des Verbrennerverbots.“

„Ähnlich verhält es sich beim Heiz-Gesetz. Der Ersatz der Ölheizungen durch Wärmepumpen kostet bei Altbauten Unsummen Geld, das Öl wird anderswo verbrannt, und der Mehrverbrauch an Strom veranlasst die Kraftwerke, mehr Braunkohle zu verbrennen. Also auch hier mehr CO2-Ausstoß und mehr Klimawandel als Folge einer unbedachten Politik.“

„Wind- und Sonnenstrom werden uns nicht alleine versorgen. Die Quellen sind nicht regelbar und das Wetter ist unstetig. In Dunkelflauten müssen regelbare Kraftwerke in der Lage sein, den gesamten Verbrauch Deutschlands zu decken. Wenn wir auf noch mehr Strom setzen im Gebäude- und Verkehrssektor, dann wird das Problem gravierender. Wir können die Energiewende leider nicht ohne fossile Energieträger bestreiten, weil wir auf die Kernkraft verzichten.“

„Die Energiepolitik Deutschlands ist so wenig durchdacht, dass man für die Industrie Schlimmes befürchten muss. Das betrifft alle Branchen. Deutschland hat mit Dänemark die höchsten Stromkosten der Welt. Einzelne Unternehmen wandern deshalb schon heute ab. Vor allem aber werden ausländische Wettbewerber die Märkte erobern, die früher in deutscher Hand waren. Leider ist das schlecht für die grüne Bewegung, denn wir zeigen anderen Ländern, wie falsch man Klimapolitik gestalten kann.“

„Technisch würde es auf sehr lange Sicht mit einer Kombination aus Kernkraft und grüner Technik vielleicht funktionieren. Ökonomisch kann es nur funktionieren, wenn die USA, China und Indien sich mit der EU zu einem Klimaklub verbinden. Nur so kann man die OPEC bezwingen. Dafür ist es aber nötig, dass das Gerangel zwischen China und den USA ein Ende hat.“

Das Interview führte Felix Rupprecht.

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