Elektroautos sind eine Mogelpackung

Robert Kleedorfer,Kurier, 25. September 2020, S.10.

Deutscher Ökonom Hans Werner Sinn sieht E-Autos als eine nicht der Marktwirtschaft und Freiheit der Menschen angemessene Reaktion auf die Klimakrise.

Hart ins Gericht mit der europäischen Klimapolitik und insbesondere mit den jüngsten Vorschlägen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geht der renommierte deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn. Der mittlerweile emeritierte Professor hat ein „Problem mit der Wirksamkeit und den Instrumenten. Wir denken mit unseren Maßnahmen zu kurz“.

Vor allem der Plan, den Verbrauch von fossilen Energieträgern in Europa zu reduzieren, sei einer von „vielen naiven Denkansätzen“. Denn selbst wenn in Europa der Verbrauch von Öl und Gas reduziert werde, ändere das nichts am weltweiten Absatz. „Die Menge, die Europa nicht abnimmt, nehmen China und die USA“, sagte Sinn im Rahmen einer Telefonkonferenz mit Journalisten im Vorfeld der Vergabe des Houskapreises der B&C Privatstiftung. Sinn ist der heutige Gastredner.

Technisch nicht machbar

„Europa kann gar keinen Beitrag leisten, das Öl bleibt nicht in der Erde“, setzte er fort. Chinesen und Amerikaner würden sich wegen gesunkener Spritpreise noch größere Autos leisten können. In der EU aber soll hingegen der durchschnittliche Flotten-Ausstoß je Hersteller im nächsten Jahr bei 95 Gramm CO2 je Kilometer liegen. Andernfalls drohen den Konzernen hohe Strafzahlungen. Bis 2030 sollen es nur noch 59 Gramm sein. „Das wären 2,2 Liter je 100 Kilometer. Das ist technisch nicht machbar“, rechnet Sinn vor.

Und eine weitere Verschärfung auf 47,5 Gramm je Kilometer (1,8 Liter) droht. „Kein Ingenieur der Welt wird in der Lage sein, solche Autos zu bauen.“ Um den Flottendurchschnitt massiv zu senken, würden die Hersteller zum Bau von Elektroautos gezwungen. „Elektroautos sind eine Mogelpackung“, so Sinn. Denn auch E-Autos würden Co2 verursachen, sowohl indirekt beim Laden (der nötige Strom stammt zum Teil aus herkömmlichen Kraftwerken) als auch bei der Produktion.

„Man müsste beim heutigen Energiemix 219.000 Kilometer fahren, bis beim Verbrauch ein Gleichstand mit einem Dieselauto hergestellt ist“, sagt Sinn. Dabei betrage die durchschnittliche Lebensdauer eines Autos nur 190.000 Kilometer. „Die Mogelei erinnert an die Abschaltvorrichtung bei Dieselautos.“ Der Zwang zu E-Autos sei eine nicht der Marktwirtschaft und Freiheit der Menschen angemessene Reaktion auf die Klimakrise.

Es gebe einen Glauben an die Macht der Zentralplanung in Brüssel. „Das macht nur die Industrie kaputt, bringt aber sonst nichts.“ Sinn gibt die Schuld an der Entwicklung der französischen Atom- und Autolobby (Frankreichs Autobauer seien in Europa beim E-Antrieb voran gewesen) gemeinsam mit den europäischen Grünen.

Der Wirtschaftsexperte, der die Erderwärmung nicht in Abrede stellt, hält prinzipiell eine entsprechende Klimapolitik für nötig. „Es ist nicht die Frage ob, sondern wie man es macht." Er würde neben Maßnahmen wie Wärmedämmung vor allem einen  globalen Emissionshandel als Lösung der Klimakrise sehen.

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